Am zehnten April des Jahres 1963 erblickte ich die Welt - damals leider noch komplett in schwarz-weiß. Gott sei Dank war ich noch zu klein, um mich daran zu stören.
Die Köpfe abzuschneiden war damals ebenfalls in.
(Der ganz ohne Kopf ist mein Vater, schade, er war echt gut ausehend)
Kaum zu glauben - schon im Alter von einem Jahr hatte ich meine heutige Figur. Seit jenem Tag versuche ich abzunehmen -
und nein, daß ist nicht aus Versehen ein Jugendfoto von Berti Vogts.
Gott, die Welt ist ja immer noch Schwarz-Weiß. Das ist alles schon so lange her, sogar das Handy hatte noch ein Kabel. Und außerdem war die Verbindung so miserabel, daß nie jemand zu hören war in diesem bunten Ding.
Glauben Sie mir, ich wusste schon damals, daß das Teil nur ein Fake war.
Ja, ja, und plötzlich ist man zehn Jahre und alle, die 1963 noch schwarz-weiß waren, sind plötzlich farbig. Ich bin richtig erschrocken, als ich entdecken musste, daß mein acht Jahre älterer Bruder (der mit dem abgeschnittenen Kopf.....das stirbt nie aus) immer knallrot angezogen ist. Na ja, die Mädels fanden es cool.
Übrigens, ich bin der mit dem schei......Ringelpulli.
Damals schrieb ich meinen ersten Roman....einen Gruselkrimi names Legionär der Zeit.....vor dem fürchte ich mich heute noch........
Der Roman erschien in der Auflage von exact ein Stück, ebenso wie sein Nachfolger: "Die Macht des Bösen". Unglaublich, daß ich damals tatsächlich noch von Hand schreiben konnte, so richtig mit einem Stift!
Mein selbstgegründeter Eigenverlag hieß Niff-Naff-Super-Fusel Verlag, empfohlen von Socrates (469-399 v. Chr.) Jeder Band erschien am 31.2 eines jeden Jahres. Woh! Ganz schön schlau für einen Zehnjährigen.
Tja, wie die Zeit vergeht. Plötzlich finde ich mich an einem mathematisch-naturwissentschaftlichen Gymnasium wieder, in dem es nur Jungs gibt!!
(Martin-Behaim-Gymnasium). Mein Vater meinte noch scheinheilig, daß er sich schon gewundert hätte, daß er auf dem Pausenhof nur Jungs gesehen hätte, als er mich dort anmeldete. Wenigstens gab es in der Nähe ein Mädchen-Gynasium.... (Übrigens, ich bin der Coole mit der Lederjacke, die genauso übrigens aus Plastik war...)
Ach, wie viel Zeit hatte man damals noch. Ich war in der Schreinerlehre, feierte eine Woche krank (mein damaliger Meister ist schon tot, deswegen kann ich mich hier outen) und nähte mir von Hand das Musketier-Outfit. Den Degen verlor ich bei der ersten Fete, den Umhang und Hut, bei der zweiten. Zur dritten bin ich dann gar nicht mehr hingegangen, weil ich zu dieser Zeit nur furchtbar durchlöcherte Unterhosen besaß.
Dieses war die einzige echte Uniform, die ich 15 Monate getragen habe (nicht fünfzehn Minuten wie heutzutage).
Damals waren die Russen noch der Feind und beinahe hundert Jährige (ca.3 Mann) humpelten in unserer Kaiser-Wilhelm-Kaserne zum 100. Jahrestag des Auszuges ihres Regiments in den 1.Weltkrieg.
Zu der Zeit schrieb ich des Nächtens meinen ersten Science Fiction: Muffelkrieg oder Als das Universum schlechte Laune hatte. Das Teil haben wir dann auf einem uralten Spiritusdrucker in der sagenhaften Auflage von 200 Stück selbst gedruckt und tatsächlich auch verkauft. Ja, ja...die gute alte Zeit.
Der Muffelkrieg- ja, das war noch was. Nächtelang vor einer Schreibmaschine, immer wieder mit schicken Tippfehlern und Tippex weißen Fingerkuppen.
Umlagert von Kameraden, die einen lynchen wollten, weil sie wegen des Gehämmers der Schreibmaschine nicht schlafen konnten.
Und das Ganze noch in einem Ikea-Schaukelstuhl sitzend, Marke Bandscheibe ade.
Die Romane haben wir von Hand geklebt und über Kneipen verkauft (einer im Vollrausch kauft alles), immerhin, alle zweihundert Stück!
Da ist er also, der Ernst des Lebens, den mir mein Vater mit jedem Wechsel prophezeit hatte, von der Grundschule zumGym, vom Gym zur Lehre, von der Lehre zur FOS, von der FOS zum Bund, vom Bund zur FH.
Auf der Studienreise im 6.Semester Architektustudium erwischt er mich dann, der Ernst...insofern der Hund Ernst heißt....
Mist- jetzt hat er mich doch erwischt, der Ernst des Lebens - als angestellter Architekt bei Photo Porst. Mein oberster Chef, ein Vorstandsmitglied, kam damals zu mir und fragte mich allen Ernstes, warum ich immer so lachen würde. Ich sagte ihm, ich sei eben eine Frohnatur. Ebenso allen Ernstes meinte er, daß würde er mir schon noch austreiben. Zwei Jahre später gab er uns zu seinem Abschied ( er war in Ungnade gefallen) einen aus und meinte ebenso ernsthaft, daß er mir mein Lachen leider doch nicht habe abgewöhnen können.....ein armer Mensch war das....
1996- ein ganz besonderes Jahr. Ich heirate. Meine Tochter wird geboren. Wir gründen unsere eigene Firma. Wir kaufen das Haus, in dem wir noch heute leben. Seltsam, wenn sich irgendetwas entscheidend verändert, dann immer alles auf einmal. Irgendwie mag das Schicksal es nicht einfach der Reihe nach....
meine Güte, wie sentimental klingt denn das?
Irgendwann ist er da, der Moment. Du kannst deine Tochter ganz allein auf ein Pferd setzen. Das ist etwas ganz anderes, als vorher, als du das absolute Mini-Kind, das immerfort "schneller, schneller" rief vor dir auf dem Bauch festhielst, als das gute Pferd zum Todesgalopp ansetze.
Und kaum zehn Jahre weiter, ist das Töchterlein schon fast erwachsen und das Pony auf Gnadenbrot.
Was bleibt, ist, das beide bildhüsch sind.
Nach zwei Jahren Selbstständigkeit holt uns die Realität ein. Tja, ohne Helm geht es eben einfach nicht. (Aufgenommen auf einer Händler-Party eines Fotoverbundes)
Zehn Jahre weiter, die gleiche Händlerparty, nur das Motto hier Indianer statt Wikinger.
Mein Geschäftspartner, inzwischen ganz frisch im wohlverdienten Ruhestand -ich vermisse ihn schon jetzt, obwohl er ja noch da ist.
Und über allem steht die Erkenntnis, daß allein der Wandel beständig ist....Tempus fugit... die Zeit vergeht....und mit ihr, alles....
Und irgendwann auch Sie...und ich.....
Carpe diem: Nutze den Tag!
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